Daten ohne Grenzen – oder doch nicht?

„Grenzüberschreitender Datenverkehr“, das waren die zwei Worte, die am frühen Sonntag Morgen, kurz nach dem Aufstehen dazu führten, dass ich nicht so recht wusste, ob mir nach lachen oder heulen zumute ist. Der Ausdruck stammt aus einem Spiegel-Online Artikel, in dem es darum geht, dass der Nachrichtendienst weitere 100 Millionen Euro in die verstärkte Internet-Überwachung investieren will. Also dafür, um unsere E-Mails mitzulesen, unsere privaten Facebook-Nachrichten, unsere Twitter-Direktnachrichten und so weiter.

Warum? Naja, im Kampf gegen den Terror, wie immer. „Der Terror“ ist immer eine prima Begründung, wenn der Staat seine Bürger mehr überwachen will. Realistisch gesehen ist die Gefahr bei einer Fahrt auf das Land von einer wild gewordenen Kuhherde über den Haufen gerannt zu werden vermutlich höher, als die Gefahr, Opfer eines Terroranschlags zu werden. Ganz sicher ist die Gefahr vom Bus überfahren zu werden höher. Weder der Gedanke an wild gewordene Kuhherden noch der Anblick von Bussen beeindruckt uns aber so sehr, wie die im Verhältnis irrationale Angst vor Terroranschlägen.

Der Terror hält also wieder einmal her als Vorwand dafür, dass der Staat unsere Kommunikation belauscht. Terroristen und große Verbrecher kriegt er dadurch eher nicht, die wissen sich zu schützen. Dafür weiß der Staat dann, wer von seinen Bürgern eine heimliche Liebschaft oder Probleme mit den Eltern hat. Will ich, dass der Staat das weiß? Sicher nicht, das geht ihn gar nichts an!

Ist ja aber auch alles nicht so dramatisch, es geht ja nur um den „grenzüberschreitenden Datenverkehr“. Das bedeutet, wenn ich hier in Hannover eine E-Mail an meine Freundin in München schreibe, dann fällt das da nicht drunter, oder? Oder doch? Ich verwende eine E-Mail Adresse einer .de-Domain, die auf einem Server in einem deutschen Rechenzentrum gehostet wird. Was aber, wenn meine Freundin aber eine Googlemail-Adresse hat? Die Google-Server stehen ja in Amerika. Also doch grenzüberschreitender Datenverkehr, ja?

Meine Schwester dagegen wohnt seit einigen Monaten im Ausland. Sie hat eine Mailadresse einer .de-Domain, gehostet auf einem Server in einem deutschen Rechenzentrum. Also kein grenzüberschreitender Datenverkehr, oder? Eigentlich ja doch…
Letztendlich lässt es sich nicht trennen, ob Daten in Deutschland bleiben oder bei Ihrem Weg durch das Internet Grenzen überqueren, über Server im Ausland reisen oder in einem anderen Land abgerufen werden. Das Internet ist nicht dafür ausgelegt, nationale Grenzen zu berücksichtigen, es ist global, es macht keine Unterschiede. Es teilt Daten in kleine Pakete auf und schickt die weiter – auf welchem Weg auch immer und durch welches Land oder über welchen Satelliten dieser auch führt.

Das bedeutet ganz genau eines: „Überwachung grenzüberschreitenden Datenverkehrs“ heißt, dass letztendlich alle Daten überwacht werden. Irgend eine Grenze werden sie sicherlich irgendwann mal überschreiten. Oder sie würden sie zumindest überschreiten können. Danke, lieber BND, ich fühle mich gleich viel sicherer, seit ich weiß, wie sehr Euch meine privaten E-Mails interessieren. Ich werde übrigens im Juli meine Eltern besuchen. In Bayern. Damit Ihr schon mal Bescheid wisst…

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