Piraten in der Presse

„Das ist ganz furchtbar für unsere Außenwirkung“ lese ich im Zusammenhang mit der Aufstellungsversammlung der Piraten in Wolfenbüttel am vergangenen Wochenende. „Die Presse zerreißt uns in der Luft, wir machen uns lächerlich“. Ahja. Lächerlich also. Seit wann ist es für die Piraten denn das Wichtigste, was die Presse über sie berichtet? Ich weiß ja nicht, warum Ihr zu den Piraten gekommen seid, ich bin es der Ziele wegen, nicht auf Grund der tollen Berichterstattung. Weil es die Piraten sind, die die richtigen Veränderungen an den richtigen Stellen fordern. Aber auch, weil es die Piraten sind, die sich für diese Ziele einsetzen, auch wenn es gerade nicht das ist, was den besten Eindruck bei der Presse hinterlässt.

Diese Ziele sind auf der einen Seite natürlich unser Programm, und selbstverständlich ist das extrem wichtig. Diese Ziele sind aber auch noch grundlegender: ein neues Verständnis von Politik und Demokratie. Nicht der einfache Weg und die schnelle Entscheidung, sondern der Konsens und die bestmögliche Entscheidung.

Piraten-Parteitage sind nicht einfach, nicht geradlinig, nicht Mainstream. Sie sind offen, kontrovers, überraschend und einfach unglaublich. Das Gemeinschaftsgefühl in Wolfenbüttel konnte man mit den Händen greifen, insbesondere am Sonntag Nachmittag, nachdem klar war, dass wir den Wahlgang noch einmal wiederholen müssen. Es sind Fehler passiert und wir haben uns alle bemüht möglichst reibungslos zusammen zu arbeiten, um diese Fehler auszumerzen. Wir haben nochmal gewählt und wir sind auseinander gegangen mit einem halben Ergebnis und dem Gefühl, dass wir zusammen trotzdem alles erreicht haben. Wir haben eine Liste, aber keine Reihenfolge, keine Sortierung, kein oben und kein unten – was könnte den Piraten angemessener sein?

Für die Presse ist das kaum zu fassen. Da treffen sich die Piraten um eine Liste aufzustellen und statt mal eben zu wählen und der Presse schicke Bilder von Spitzenkandidaten und Listenkandidaten zu liefern, diskutieren sie stundenlang über das richtige Wahlverfahren und halten sich mit Formalien auf. Statt Ansage von oben zähes Ringen innerhalb der Basis.

Die Presse legt keinen Wert darauf, Gutes über uns zu berichten. Warum auch? Skandale verkaufen sich viel besser. Die Piraten ihrerseits wissen doch, wie sie Ihre Inhalte und Informationen verbreiten können, auch wenn die Presse nicht so mitspielt. Es ist erst ein paar Tage her, dass der Blogartikel von Kine zum Meldegesetz plötzlich Steine ins Rollen brachte und Aufmerksamkeit erzielte, wo die Presse bis dahin völlig uninteressiert war. Sind wir selbstbewusst genug, um zu sagen: es ist nicht wichtig, was die Presse über uns denkt, sondern dass wir das Gefühl haben, auf dem richtigen Weg zu sein. Behalten wir unsere Ziele im Auge, sie sind wichtiger, als das Wohlwollen der Pressevertreter und wichtiger, als ein paar Wählerstimmen, die wir verlieren könnten, weil wir nicht richtig verstanden werden.

Tagged .Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

5 Antworten zu Piraten in der Presse

  1. Anhalter sagt:

    Ich stimme Dir völlig zu.
    Ich war ja nach dem stornierten Wahlgang abgereist (vor Stornierung) und habe mich schwarz geärgert. Nicht weil meine Stimme nicht gezählt hat, sondern weil ich nicht bei Euch war, um das gemeinsam durchzuziehen!
    Dass die Presse unser Denken noch nicht verstanden hat, so what!
    Dass es Piratenpartei-Mitglieder gibt, die wahrscheinlich noch nie unseren Ansatz verstanden haben und es nie werden: Schade! Aber auch damit werden wir umgehen lernen!
    Wir sind unkaputtbar! Was die Grünen mal als Idee hatten, wir setzen es endlich um !
    Wirkliche Demokratie!

  2. Hi Ylva!

    Ich glaube auch nicht an eine katastrophale Außenwirkung. Befürworter der Piraten fühlen sich bestärkt, Gegner auch. Letztendlich haben wir mehr Wert auf demokratischer Strukturen gelegt, als auf schicke Bilder.

    Nur die Ablauffehler sind peinlich, wie viele menschliche Fehler. Aber das werden wir auch überstehen und sicherlich daraus lernen.

    Beste Grüße!

  3. Cocktailrent sagt:

    Recht hast du.
    Wichtig ist was hinten fúr uns als Piraten herrauskommt und nicht was die Presse schreibt. Bei der Bevölkerung kommt sowieso nur 1% von dem an was wir gemacht haben. Das liegt einfach an der Kettenmeldung. Ein Pirat wird interviewt. Die Presse versteht etwas anderes und bauscht es auf,um es angeblich fûr den leser verständlicher zu machen. Leider hat es der Pressemensch selber nicht verstanden…..fail ist vorprogrammiert!
    Wir machen einfach weiter, denn wenn die ersten eRgebnisse kommen, die fûr den Bûrger positiv ausfallen sind wir die mit dem Fortschritt und der Zukunft.
    Der Weg ist steinig, aber er ist nicht das Ziel.

    • Kevin Price sagt:

      Ylvas Text formuliert meine Gedanken.

      Zu Cocktailrent: Immer wenn die Presse uns als „chaotisch“ bezeichnet, hat sie unsere Strukturen nicht verstanden. In der Regel nicht verstehen wollen. Es hilft nur, wenn wir weiter mit ihnen reden und ausführlich erklären, was vor sich geht, warum das anders ist als bei der CDU und warum das besser ist.

      LG
      Kevin

  4. TomGan sagt:

    Wer spricht in einer Woche noch von dem, was heute in der Presse stand? Vielleicht die Presse selbst, die gerne bei sich gegenseitig abschreibt.

    Wer spricht in zehn Jahren noch davon, was in Wolfenbüttel geschah? Die überüberübernächste Generation der Piraten, die von dem profitiert, was die früheren und die aktuelle Generation aufgebaut hat.

    Das ist das Ziel. Ein fester Bestandteil der politischen Gesellschaft zu werden. Solange wir als Piraten gebraucht werden. Und Ungerechtigkeit zu bekämpfen, Lobbyismus zu verhindern, Machtpoker zu unterbinden, Chancengleichheit zu schaffen wird es immer Piraten brauchen. Zumindest solange, wie noch nicht alle Menschen Piraten sind.