Corona – ein Jahr später

tl:dr – uff, das ist lang geworden, deshalb hier einmal in kurz: Corona war letztes Jahr schon scheiße und ist es immer noch. Gefühlt haben wir außerdem nichts daraus gelernt und Wahlkampf ist wichtiger als nachhaltige Maßnahmen. Gilt für Corona und fürs Klima (für andere Themen übrigens genauso).

Mein Urlaub geht seinem Ende entgegen. Genau genommen ist er schon vorbei, offiziell war gestern, Freitag, mein letzter Urlaubstag. Heute hab ich dann nochmal meine Urlaubs-to-do-Liste gecheckt. Und neben anderen, zumindest teilweise abgearbeiteten Punkten stand da auch „Blog!!!“ drauf. Also hab ich diesen zumindest mal aufgerufen, Updates installiert und allgemein etwas aufgeräumt – was man halt so tut, wenn man den Blog seit einem Jahr hat verstauben lassen und dabei darüber nachgedacht, dass ich zumindest mal darüber schreiben könnte, wie sich die Gesamtsituation im Moment so anfühlt. Dabei bin ich darüber gestolpert, dass ich das vor einem Jahr schon einmal gemacht, aber nie veröffentlicht habe. Weil ich mich darauf beziehe, hab ich diesen ein Jahr alten Artikel also doch noch veröffentlicht. Er ist auch nach wie vor relevant.

Vor einem Jahr, als ich den Artikel geschrieben habe, näherte sich der erste Lockdown gerade dem Ende. Gut zwei Monate war alles zu, sogar Spielplätze abgesperrt und Treffen verboten. Mit dem Frühjahr sanken die Zahlen und wir haben gehofft, wir hätten das Schlimmste überstanden. Die Masken-Diskussion fing gerade erst an, Impfstoffe waren eine vage Hoffnung für die Zukunft – aber es ging alles zurück und die Situation und damit unsere Stimmung entspannte sich. Ja, eine zweite Welle hatte ich im Kopf, hab aber nicht damit gerechnet, dass es uns nochmal so hart erwischen würde. Dann kamen der Herbst und die Mutanten – und der nächste Lockdown. In Hannover hat es uns dabei heftig erwischt, die Alpha-Variante erreichte uns früh und somit hatte Hannover von November bis Mai durchgängig eine Inzidenz von über 100. Am 30. Oktober war ich das letzte Mal im Restaurant, danach war alles zu. Restaurants, Cafés, Museen, Theater, Kinos, Geschäfte. Private Kontakte extrem eingeschränkt: vier Personen aus zwei Haushalten? Nope, VERBOTEN! Höhepunkte der Woche: Einkauf im Supermarkt und die wöchentliche Pizza-Bestellung.

Ich hab nicht damit gerechnet, dass es uns so heftig erwischt. Womit ich auch nicht gerechnet habe, war, wie heftig mich das treffen würde. Wie sehr ich es vermissen würde, im Café zu sitzen und Kaffee zu trinken, mich im Restaurant mit Freunden zu treffen. Mittags mal essen zu gehen. Abends sponten noch etwas zusammen trinken zu gehen oder auch im Büro Kollegen zu treffen und beim Küchenschnack an der Kaffeemaschine ein paar Worte zu wechseln. Stattdessen Homeoffice (nicht immer, aber doch nennenswert), Pizzaservice, Mittagspausen-Spaziergänge und dazu auch noch Winter, Kälte und Regen. Erwähnte ich schonmal, was für ein Sommerfan ich bin? Also, mal völlig unabhängig von Corona, ist der Winter ohnehin nix für mich. Als es im Winter richtig kalt und verschneit war und ich nicht einmal mit dem Fahrrad z.B. ins Büro fahren konnte, hab ich den ersten, größeren Corona-Koller gehabt. Das hat sich danach noch mehrfach wiederholt, und die täglichen Nachrichten waren eine Achterbahnfahrt der Gefühle: Impfstoff! Viel zu wenig Impfstoff! Neue Mutanten! Immer noch viel zu wenig Impfstoff! Weitere Verbreitung neuer Mutanten!

Tja, dabei sind wir nun: Aktuell verbreitet sich eine neue Mutante. Um diese im Griff zu halten, müssten möglichst viele Menschen hier doppelt geimpft sein. Einmal geimpft reicht bei der Delta-Mutante nicht aus. Aber nach 6 Monaten „Impfkampagne“ haben etwas unter 30% zwei Impfungen, etwa die Hälfte hat eine Impfung bekommen. Ich auch, einmal AstraZeneca, den ungeliebten Impfstoff. Wohlbemerkt: hier in Deutschland, völlig unabhängig davon, dass es in vielen anderen, arg von Corona gebeutelten Ländern noch viel schlimmer aussieht. Aktuelles Beispiel: Uganda. Aber auch hier, in unserem reichen Deutschland, lahmt die Impfkampagne wegen mangelnden Impfstoffs. Dabei können wir inzwischen davon ausgehen, dass die Delta-Variante uns in ein paar Wochen im Griff haben wird.

Was fehlt? Impfstoff, ok, das ist inzwischen ein alter Hut. Außerdem: Konzepte! Wir eiern genauso durch den Sommer, wie im letzten Jahr: gerade ist ja alles ganz gut, warum also darauf vorbereiten, wie wir mit wieder steigenden Fallzahlen umgehen wollen? Mir würde hier einfallen, die Nachverfolgung durch die Gesundheitsämter mal auf so solide Füße zu stellen, dass die wirklich effektiv eingreifen und die weitere Ausbreitung verhindern können. Aber davon ist irgendwie gar nicht mehr so die Rede, oder? Mir fällt außerdem noch die Möglichkeit ein,mittels Luftfiltern usw. dafür zu sorgen, dass wir die Ausbreitung verhindern können, ohne die Menschen zu Hause einzusperren. Wir hoffen einfach, dass wir vielleicht genug Leute geimpft kriegen, damit es schon alles nicht so schlimm wird. Ja, das ist genauso schwammig-planlos, wie es hier klingt. Achso, und weil wir die Kinder nicht rechtzeitig geimpft kriegen und uns auch nicht schlüssig sind, ob wir das wirklich wollen, lassen wir die einfach weiter Maske tragen. Läuft, oder? Zeit, Geld und Gehirnschmalz in nachhaltige Lösungsansätze zu investieren (von der Impfung mal abgesehen) scheint aber nicht in den Wahlkampf zu passen. Spoiler: wir lockern jetzt vor den Wahlen für die gute Stimmung und beweihräuchern uns für die Impfkampagne und die Verantwortung für die vierte Welle und die verpassten Vorbereitungen muss dann die nächste Regierung übernehmen. Yeah, guter Plan, oder?

Außerdem fehlt noch: internationale Verantwortung und Zusammenarbeit. All das geht so ja auch nur in den reichen Staaten. Wo weniger Geld ist (oder die Regierung ignoranter, Grüße an Bolsonaro), da kann gar nicht viel gemacht werden und Impfungen gibt es auch (praktisch) nicht. Das sehen und hören wir mit Betroffenheit. Punkt, Ende der Durchsage. Da bewegt sich ungefähr genauso viel, wie beim Klima. Ein Thema, mit dem wir uns übrigens immer noch sehr viel mehr beschäftigen sollten, weil die Auswirkungen sehr viel schlimmer sein werden, als Corona. Nur nicht so schnell, dafür noch sehr viel nachhaltiger.

So, damit hab ich mir erstmal alles von der Seele geschrieben. Naja, nicht alles, aber das meiste. Wer bis hierhin durchgehalten hat: lies bitte auch meinen letzten Corona-Artikel. Danke!

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